Am 04. Mai 2021 konnten sich die Schülerinnen und Schüler des Physikwahlpflichtfachs am Gymnasium St. Veit über Glück im Unglück freuen. Da die Reise zum europäischen Kernforschungszentrum CERN für die diesjährigen Maturantinnen und Maturanten abgesagt wurde, erhielten sie als nachfolgende Schulstufe nämlich einen exklusiven Vortrag von einem Mitarbeiter am renommiertesten Zentrum für physikalische Grundlagenforschung der Welt.

Eckdaten zum CERN

(von Anna Hunger, Katharina Stromberger und Nicole Strutzmann, alle 7b)

  • Conseil européen pour la recherche nucléaire
  • Gründung: 29. September 1954 bei Genf in der Schweiz
  • bekannt für den 27 Kilometer umfassenden LHC (Large Hadron Collider)
  • vier große Experimente: ATLAS, CMS, LHCb, ALICE
  • Budget: 1,1 Milliarden Euro über öffentliche Einrichtungen
  • 2.400 Mitarbeiter, 900 Studenten, 11.000 Gastwissenschaftler
  • internationaler Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler: Beamline for schools
Ansicht des ATLAS-Experiments (Quelle: https://home.cern/science/experiments/atlas. Eingesehen am 11.05.2021, 18:29 MESZ)

Ansicht des ATLAS-Experiments (Quelle: https://home.cern/science/experiments/atlas. Eingesehen am 11.05.2021, 18:29 MESZ)

Vorstellung des Referenten

(von Anna Hunger, Katharina Stromberger und Nicole Strutzmann, alle 7b)

Der Vortrag wurde von Markus Joos, welcher als Ingenieur am CERN arbeitet, gehalten. Er ist seit 1993 Mitarbeiter am CERN und absolvierte das Studium der Physikalischen Technik. Zurzeit besteht seine Aufgabe darin, gemeinsam mit anderen Mitarbeitern die Software für das Experiment ATLAS zu entwickeln. Außerdem ist Herr Joos im Projektmanagement, in der Ausbildung von Lehrlingen und in der Öffentlichkeitsarbeit tätig.

Der zeitbeschleunigende Vortrag über Teilchenbeschleuniger

(von Matthias Ogris, 7b)

Zu Beginn der Präsentation brachte Herr Joos uns Schülerinnen und Schülern die vier Aufgaben des CERN näher, die aus der Grundlagenforschung, der Ausbildung, dem Technologietransfer und der internationalen Zusammenarbeit bestehen. Besonders auf die Grundlagenforschung wurde in den folgenden dreißig Minuten eingegangen, wir erhielten eine Einführung in die Funktionsweise von Teilchenbeschleunigern, in denen Teilchen durch elektrische Felder beschleunigt werden. Besonders beeindruckend fand ich hierbei, dass die dazu nötigen Stromleitungen permanent mit flüssigem Helium gekühlt werden müssen, nur so kann von supraleitenden Eigenschaften profitiert werden. Bedenkt man dann noch, dass der LHC (Large Hadron Collider), der größte der Ringbeschleuniger am CERN, einen Umfang von 27 Kilometern aufweist und in der gesamten Anlage 220.000 Kilometer supraleitender Draht verlegt sind, wird einem das Ausmaß dieser Anlage erst bewusst.

Anschließend wurden wir mit den Nachweismöglichkeiten von kleinsten Teilchen, wie sie am CERN untersucht werden, vertraut gemacht. Über früher verwendete Blasenkammern und ATLAS, einem riesigen elektronischen Teilchendetektor mit 100 Millionen Sensoren, wissen wir nun Bescheid. Mit ATLAS konnte 2012 zum Beispiel der Zerfall von Higgs-Teilchen, der nur extrem selten stattfindet, nachgewiesen werden. Dadurch ist man der Antwort auf die Frage, warum Teilchen überhaupt Masse haben, einen großen Schritt näher gekommen. Und wer weiß, welche Entdeckungen in Zukunft noch am CERN gemacht werden und das Standardmodell der Teilchenphysik verändern könnten? Rätsel gibt es auf jeden Fall im Überfluss, es ist beispielsweise noch nicht geklärt, wodurch Galaxien zusammengehalten werden.

Der LHC (Large Hadron Collider) in seinem 27 Kilometer langen Tunnel (Quelle: https://home.cern/news/news/accelerators/record-luminosity-well-done-lhc. Abgerufen am 11.05.2021, 18:29 MESZ)

Der LHC (Large Hadron Collider) in seinem 27 Kilometer langen Tunnel
(Quelle: https://home.cern/news/news/accelerators/record-luminosity-well-done-lhc. Abgerufen am 11.05.2021, 18:29 MESZ)

Großes Eigeninteresse der Schülerinnen und Schüler

(von Ariel Germek, 7a)

Natürlich hatten die interessierten Schülerinnen und Schüler auch vorab Fragen an Herrn Joos vorbereitet. Diese Fragen behandelten vor allem die Experimente, die derzeit am CERN durchgeführt werden. Eine recht fachspezifische Frage behandelte Messergebnisse eines vor kurzem durchgeführten Experiments, die nicht exakt mit der theoretischen Vorhersage übereinstimmten. Ein Schüler wollte über das Vorgehen nach solch einem vermeintlichen Super-Gau der theoretischen Physik informiert werden.

Laut Herrn Joos müsste eine solche Abweichung zur theoretischen Vorhersage jedoch nicht zwingend eine Falsifizierung der Theorie bedeuten, es könne viele Begründungen geben. Sowohl die Messergebnisse als auch deren Interpretation könnten nämlich fehlerhaft sein. Davon abgesehen besäßen die Ergebnisse noch keine statistische Signifikanz. Falls sich jedoch tatsächlich herausstellen sollte, dass die Theorie mit dem Experiment nicht im Einklang steht, müsste man freilich an der Theorie feilen und diese abändern.

Weiters wurde eine Frage über das im Vortrag erwähnte Higgs-Feld gestellt, welches vereinfacht dargestellt die Antwort der Quantenmechanik auf die Frage nach der Ursache der Masse ist. Ein weiterer Schüler verglich jenes Feld mit der Theorie des Äthers, welche bereits vor über einem Jahrhundert widerlegt wurde, und wollte wissen, wie sicher man sich denn über die Existenz des Higgs-Feldes sein könne. Herr Joos nannte dies einen interessanten Vergleich, betonte aber, dass der Äther im Gegensatz zum Higgs-Feld niemals experimentell nachgewiesen werden konnte. Dennoch könne man sich in der Wissenschaft niemals einer Sache voll und ganz sicher sein.

Ausgewählte Rückmeldungen der Schülerinnen

„Ich finde, der Vortrag war sehr informativ, da man sich nun die wissenswerten Dimensionen der Experimente viel besser vorstellen kann.“ – Anna Hunger, 7b

„Meiner Meinung nach war der Vortrag mehr als interessant. Man hat aus fast allen Bereichen sehr viel Neues erfahren und ich war wirklich erstaunt über den Umfang der Präsentation.“- Katharina Stromberger, 7b

„Besonders gut gefallen hat mir, dass man auch als Schülerin oder Studentin Möglichkeiten hat, bei der Forschung mithelfen zu können. Außerdem hat sich der Referent bemüht, all unsere Fragen so ausführlich und so verständlich wie möglich zu beantworten.“ – Nicole Strutzmann, 7b

Dieser Artikel entstand im Rahmen eines Gruppenschreibprojekts im Physikwahlpflichtfach.